Wie lebten Kinder
und Jugendlichen im Nationalsozialismus?
Von Marie Sand
Die Kindheit
und vor allem die Jugend im Nationalsozialismus ist mit dem heutigen Alltag von
Heranwachsenden nicht zu vergleichen. Es gab keinen Platz und Raum für die
freie Persönlichkeitsentwicklung und für Individuation, im Gegenteil in dem
totalitären Staat war es Ziel, dass sich die Jungen und Mädchen dem Staat
unterordneten und sollten ganz dem „Führer“ also Adolf Hitler gehören. Sie
wurden sowohl in der Schule als auch außerhalb der Schule so
erzogen, dass sie dachten und glaubten, was die Nazis vorgaben. In der Schule
wurde ausschließlich nach dem Ideal Hitlers unterrichtet, Schulbücher wurden
auf seine Ansichten und Ziele angepasst, es existierten sogar Fächer, wie
„Rassenkunde“. Es wurde jedoch auch viel Wert darauf gelegt, die Kinder und
Jugendlichen auch außerhalb der Schule und des Elternhauses zu erreichen und
nach den Ansichten der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei)
zu formen. Es gab nur nationalsozialistische Jugendorganisationen, alle anderen
wurden verboten. Hitler wollte eine
gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend, die keine Schwäche
zeigt. Alle Jungen im Alter von 10 bis 14 mussten dem „deutschen Jungvolk“
angehören und an seinen Veranstaltungen teilnehmen. Ältere Jungen von 14 – 18
gehörten der „Hitlerjugend“ an und waren verpflichtet
dieser anzugehören. Für die jüngeren Mädchen gab es den „Jungmädelbund“ und für
die Älteren von 14-18 den „Bund deutscher Mädel“´. Die Jungen sollten fit sein, kämpfen, sowie
den Umgang mit Waffen lernen, um auf den Krieg vorbereitet zu werden. Viele
Jungen waren von dieser Hitlerjugend begeistert, sie wollten richtige Helden
werden. Das war die Begabung der Propaganda Hitlers und der NSDAP, alle diese
nationalsozialistischen Absichten als positiv darzustellen, als wünschens- und
erstrebenswert, dass es kaum möglich war an diesen trügerischen Zielen etwas
Negatives zu erkennen. Die Mädchen sollten „deutsche Mütter“ werden, sie sollten dem Führer Kinder gebären, diese
groß ziehen und nach seinen Vorstellungen erziehen.
Auch die
Kindheit war nicht so unversehrt und glücklich, wie die der meisten Kinder heut
zu Tage. Alle Kinder bemerkten, was es bedeutet, in einer Diktatur zu leben.
Das Leben und die Erziehung in den einzelnen Familien sah
ganz verschieden aus. Ob man nationalsozialistische Eltern oder Gegner Hitlers
als Eltern hatte, war natürlich ein großer und auch bedeutender Unterschied,
der auch Einwirkung auf die Einstellung und Erziehung der Kinder hatte.
Ziele nationalsozialistischer
Erziehung und Bildung
Adolf Hitler
hat in seinem Buch „Mein Kampf“ die Ziele der nationalsozialistischen Erziehung
unmissverständlich formulieret: „Meine Pädagogik ist hart. Das Schwache muss
weggehämmert werden.“ Darum fordert Hitler „das Heranzüchten kerngesunder
Körper“, während die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten „erst an zweiter
Stelle“ stehen sollte. Weiter müssen Kinder und Jugendliche eine „Willens- und
Entschlusskraft“ vermittelt werden.
Weiterhin
wollte Hitler den jungen Volksgenossen das Gefühl übermitteln, „anderen
unbedingt überlegen zu sein“. Hitlers Worte lassen erkennen, warum viele Kinder
und Jugendliche die nationalsozialistische Erziehung und Bildung als attraktiv
erlebten, sie dokumentieren aber auch die Einseitigkeit und Fragwürdigkeit
dieser Ziele. Die Kinder und Jugendlichen machten sich kaum bewusst, dass sie
letztlich nur für den Krieg erzogen werden sollten. Sie übernahmen Tugenden wie
„Traue“ und „Opferwilligkeit“, ohne
kritisch zu fragen, in wessen Dienst sie ihre Treue oder Opferbereitschaft
stellen sollten.
Zwar spielte
die Schule im Nationalsozialismus keine so große Rolle wie die Hitlerjugend und
andere Jugendfreizeitgruppe, die man besuchen musste, jedoch war es Hitler
trotzdem wichtig, auch hier mit seiner Ideologie und seinen Erziehungsmethoden
durchzugreifen. Der gesamte Unterreicht wurde nach den ideologischen
Vorstellungen des NS-Regimes umgestaltet. Hauptziel war nicht wie heute, die Entwicklung eines
eigenen, kritischen Denkens, sonder die Vorbereitung auf die kritiklose
Teilnahme im nationalsozialistischen Deutschland, den Schüler diese
rassistische Ideologie in ihre Köpfe einzubläuen und sie auf einen neuen Krieg vorzubereiten. In den Fächern,
wie Deutsch und Geschichte ging es um die „vaterländische Größe“ und darum, dass man die Germanen als Helden
sah. Im Geschichtsunterricht behandelte man ausschließlich die deutsche
Geschichte. Im Biologieunterricht wurden
„Vererbungslehre“ und „Rassenkunde“ neu eingeführt. Zweck und
Ziel dieser beiden Fächer war es, im Unterricht über die Wissensgrundlagen
hinaus vor allem die Folgerungen daraus für alle Lebensgebiete zu ziehen und
nationalsozialistische Denken und Handeln zu wecken. Anschaulich wurde ihnen
vermittelt, wie „minderwertige“ Menschen zu erkennen seien und warum zu viele
minderwertige Menschen die „reinen“ Rassen gefährden würden. Das nationalsozialistische Ideal
„körperliche Ertüchtigung“ zu erzielen wurden die Stunden des Sportunterrichts erhöht.
Die intellektuelle Bildung hatte keinen großen Stellenwert mehr, der Lehrplan
wurde vielfach gekürzt, um die Jugendlichen nicht mit Inhalten zu belasten, die
sie nach der NS-Ideologie nicht brauchten. Vor jedem Wissenserwerb stand die
Hingabe an Volk und Führer.
Neben den neuen ideologischen Inhalten prägten Rituale und NS-Symbole
wie Hakenkreuze, Fahnen, Fahnenappelle, Hitlerporträts und Hitlergruß immer
deutlicher den Schulalltag.
Jüdische,
sozialistische und pazifistische Lehrer und Schulleiter wurden entlassen. Die nationalsozialistischen Schulen sollten
durch ihre Bildung auch erziehen: „Die deutschen Lehrer sind Erzieher. Ihnen
sind nicht nur die Intellekt der Jugend allein, ihnen sind auch Seele und Körper
dieser Jugend anvertraut.“ Zwischen
Bildung und Erziehung gab es keine Trennung. Auf diese Weise waren die Lehrer
in der Schule nicht etwa Erzieher in dem Sinne, dass sie die Jugendlichen zu
einem solchen Lernen zu motivieren versuchten, aus dem Selbständigkeit
erwachsen konnte. Sie begriffen ihre „erzieherische“ Arbeit vielmehr als „politische Aufgabe“: „Der deutsche Lehrer spurt die große
Verantwortung, die auf ihm ruht, und lässt sich darum sowohl in seiner nationalsozialistischen
Haltung als auch in seinem nationalsozialistischen Wollen von niemandem
übertreffen.“
Die
Hitlerjugend (HJ) war eine Jugendorganisation für Jungen von 14 bis 18 Jahren,
für die jüngeren Jungen hab es das Jungvolk. Zunächst war die HJ eine
freiwillige Organisation, doch schon wurde sie zur Zwangsmitgliedschaft. Nach Einführung
dieser Zwangsmitgliedschaft waren nahezu alle Jugendlichen Mitglieder der HJ.
Feierliche Aufzüge, Propagandamärsche und Paraden, Fahrten,
"Geländespiele" und geselliges Lagerleben machten die HJ für viele
Jugendliche attraktiv. Sie erlebten in der HJ eine Art Hochgefühl, ihnen wurde
Bedeutung geschenkt und sie bekamen dort Bestätigung. Es war nahezu eine
verschworene Gemeinschaft, die ein Familienersatz bot, so gaben die Eltern ihr
Erziehungsrecht zum großen Teil in die Hände der Jugendorganisationen.
Über die HJ erfolgte nicht nur die Vermittlung der NS-Ideologie mit
ihrem Wertesystem von Gefolgschaftstreue, Kameradschaft, Pflichterfüllung und
Willensstärke, sondern mit einem der höchsten Ziele, der körperlichen
Leistungsfähigkeit, machte sich Hitler die Jugend zu Nutze, die HJ diente immer
stärker der Ausbildung neuer Soldaten.
Körperertüchtigung, Kraftproben und Kämpfe, als auch das Ziel gute
Leistungen in Form von ‚Siegen‘ zu erbringen, machten die Jungendlichen
begierig darauf Soldaten zu werden und in den Krieg zu gehen. So war es auch
Ziel der HJ die Jugendlichen zu Unempfindlichkeit zu erziehen, kein Mitglied
durfte Schwäche zeigen.
Der Führer, Hitler, wurde als Idol, geradezu als ein halber Gott
gesehen, alle eiferten ihm nach.
Nach Hitler
und somit Ziel der HJ war es die deutschen Jungen zu starken, kräftigen,
sportlichen, kampftüchtigen, unempfindlichen jungen Männern zu machen. Sie
sollten kein Mitleid mit anderen haben, keine Schwäche zeigen und keine Gefühle
zeigen. Desweiteren war es Ziel, dem Führer nachzueifern, jedoch ohne dabei selber nachzudenken, die
Ziele und Absichten der HJ sollten anstandslos übernommen werden.
Der Bund
deutscher Mädel (BdM) war die Jugendorganisation für Mädchen vom 14. bis zum 17.
Lebensjahr, für die jüngeren Mädchen gab es den Jungmädelbund. Wie die HJ war
die Teilnahme an dieser Organisation zunächst freiwillig, später jedoch
Pflicht.
Durch den
BdM wurden die jungen Mädchen mitgerissen, sie nahmen sich ein Beispiel an den
Erwachsenen und bekamen nicht mit, dass sie Opfer einer geschickten
Bewusstseinsveränderung wurden, sie wurden in einem Alter, indem sich die
Persönlichkeit bildet, einer Gehirnwäsche unterzogen. Die Eigenständigkeit der
Mädchen sollte beseitigt werden, sie sollten willig sein, zu dienen. Das
paradoxe war jedoch, dass all dies so geschickt passierte, dass die Mädchen
nicht bemerkten, dass sie unfrei waren. Durch Training bspw. durch Gymnastik
sollten sie merken Teil von etwas Großem zu sein, so wurde die Illusion von
Gleichheit erzeugt. Dieses Training, als auch andere feste Rituale, wie Gesänge
und das Aufsagen von verschiedenen Schwüren, wie bspw., das Leben für das
Vaterland zu geben. Hitler wurde von dem jungen Frauen als ein
"Übervater" gesehen, für den innige Liebe empfunden wurde. Hitler sah
in den Mädchen/Frauen die Mütter zukünftiger Sodaten, die sich den Männern
unterordnen und dessen Hauptaufgabe das Kinderkriegen war. Der Bund deutscher
Mädel, sollte die Mädchen zu Frau eines Soldaten und Mutter erziehen und sie
ebenfalls darauf vorbereiten Witwe zu werden. Das höchste Ziel der jungen
Frauen war es, dem Führer Kinder zu schenken. Wie die Jungen sollten auch die
Mädchen keine Schwäche zeigen und eine Gute Miene machen. Obwohl das Hauptziel
die Mutterschaft war und die Mädchen und Frauen den Jungen und Männer
untergeordnet und zweitrangig waren, nahm Hitler sie gegen Ende des Krieges in
die Wehrmacht auf, sie waren nun "Ersatzmänner" für Gefallene und
Gefangene, doch da die jungen Frauen im BdM schon gelernt hatten, das Volk über
alles zu stellen und den Wunsch verfolgten zu dienen, taten sie dies
anstandslos.
Zusammenfassend sollte das deutsche Mädchen zur Mutter erzogen werden, eine
Einheit mit den anderen bilden, ungeordnet und willig dem Land zu dienen, blond
und blauäugig, sowie fleißig sein. Außerdem sollte es begeistert für Hitler und
seine Ziele sein und ein Rassenbewusstsein entwickeln.
Der
erzieherische Einfluss von Eltern war aufgrund der weitreichenden
außerfamiliären Einflüsse häufig nur begrenzt. Viele Eltern passten sich kritiklos
den Forderungen der politischen Machthaber an. Eltern, die die Entwicklungen im
NS-Staat kritisch beurteilten, erlebten, dass ihre Kinder nur vermeintlich
positive Erfahrungen in der nationalsozialistischen Welt machten. Auch liefen
sie Gefahr, von ihren eigenen Kindern – vielfach ungewollt – verraten zu
werden. Insofern lehrt die Zeit des Nationalsozialismus, dass aus pädagogischer
Sicht eine weitreichende staatliche Einflussnahme auf die Erziehung der
nachwachsenden Generationen mit Skepsis betrachtet werden muss. Wenn ein Staat Inhalte oder Werte über
pädagogische Institutionen einseitig vorgeben will, wird die Pädagogik zu
Diensten der Politik missbraucht. Die notwendige Folge ist, dass eine Erziehung
zur Selbständigkeit nicht mehr stattfinden kann, sondern vielmehr durch
fragwürdige Formen einer Manipulation ersetzt wird.
Ein
Unterschied machte es natürlich für die Kinder, deren Erziehung und deren
Familienleben, welche politische Meinung oder Aufgabe die Eltern besaßen. So
sah das Familienleben eines Kindes, dessen Vater überzeugt für die NS-Regierung
arbeitete ganz anders aus, als das eines Kindes dessen Vater als Soldat in den
Krieg zog.
In einer
Familie, in der überzeugt für Hitler gearbeitet und dessen Ziele vertreten
wurden, war es selbstverständlich, dass auch die Kinder Begeistert und
Bewunderung für Hitler empfanden. Die Eltern sind für jedes Kind ein Vorbild
und so werden Einstellung und Ansichten von niemandem so schnell übernommen,
wie von den eigenen Kindern.
Ganz anders
, als das Kind eines Soldaten, dort bekam man tagtägliche die Sorgen und
Emotionen der Mutter mit, vor allem als Junge fehlte einem ein Vorbild und oft
sahen sie ihre Väter nie wieder, da sie nie mehr aus dem Krieg zurück
kehrten.
Hinzu kam
natürlich die Angst ums eigene Leben und um die eigene Familie, sich vor
Fliegerangriffen verstecken, Verbunkern und schützen zu müssen sind natürliche
sehr prägende Erlebnisse, die für ein Kind in der heutigen Zeit nicht
vorstellbar sind.
Quellen:
-
http://www.goethe.de/ges/pok/dun/de2744598.htm
-
http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/alltagsleben/schule/
- Christoph Storck: Entwicklung, Sozialistation und Identität. Normen und Ziele in der Erziehung
- http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/organisationen/jugend/