Tuchindustrie
in Aachen (Hannah Fayner)
Was hat das Ende der Tuchindustrie in
Aachen bewirkt?
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Was war die Tuchindustrie in Aachen/
Bedeutung für die Stadt
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Wie kam es zum Niedergang?
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Auswirkungen auf die Stadt Aachen
(Lüttich/ Verviers)
Zu1:
In
Aachen existierte bereits im 12. Jahrhundert eine florierende Tuchindustrie,
welche sich auf die Produktion von Wolltüchern in hoher Qualität zu einem
vergleichsweise günstigen Preis spezialisiert hat. Der Schlüssel zur hohen
Qualität der Tücher war das besonders kalkarme, klare Wasser, welches in Aachen
in großen Mengen zur Verfügung stand. In der Tuchfertigung wird Wasser zum
Waschen der Wolle und fertigen Tuche sowie für den Färbeprozess benötigt,
Wasser ist also eine Grundvoraussetzung zur Produktion von Tuchen.
Ein
weiterer Punkt, der den Standort Aachen als Tuchindustriestadt begünstigt hatte
war die verkehrsgünstige Lage. Durch kaiserliche Privilegien war den Aachener
Handelsleuten ein zollfreier Handel gewährleistet, zudem lag Aachen an
wichtigen Land- und Wasserstraßen, was den Aachener Tuchproduzenten sehr gute
Absatzmöglichkeiten auf dem internationalen Markt verschaffte. Allerdings war
bereits im 16. Jahrhundert der Höhepunkt der Tuchindustrie überschritten, da
politische und konfessionelle Konflikte sowie die Produktionsbeschränkungen
Tuchproduzenten dazu veranlassten die Stadt zu verlassen. Allerdings blieb die
Tuchproduktion die gesamte Zeit über ein wichtiger Gewerbezweig im Raum Aachen.
Die Tuchindustrie war besonders für die Arme bäuerliche Bevölkerung in und um
Aachen ein wichtiges Gewerbe, welches ihr Überleben im Winter sicherte.
.
Da man
in Aachen den Fabrikanten aufgrund der Zunftrechte die Eröffnung größerer
Fabriken mit einer höheren Produktionsrate verwehrte, verlegten diese ihre Firmensitze
in Aachens Nachbarorte. Dort hatten sie die Möglichkeit unbegrenzte Anzahl an
Tuch für den wachsenden Markt zu produzieren. Dieser Umstand machte es den
Aachener Handwerkern schwer wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die
Fabrikanten eröffneten sich einen neuen Marktzweig mit der Herstellung von
Feintuchen. Um bei diesen einen möglichst hohen Qualitätsstandart erreichen zu
können wurde Merinowolle aus Spanien importiert. Diese wurde dann in Heimarbeit
von Arbeitern zu Fäden gesponnen und anschließend zu Tuchen gewebt. Hier hatten
die Arbeiter genaue Angaben der Verleger zu beachten. Für die Bevölkerung war
die Arbeit an den Tuchen trotz des immensen Aufwandes ein notwendiger
Zuverdienst im Winter um überleben zu können. Anschließend wurden die Tuche vom
Verleger abgeholt und einer aufwendigen Schlussbehandlung spezieller
Lohnarbeiter unterzogen. Diese bildeten meist eine eigene soziale Gruppe,
welche sich einen gewissen Stolz nicht nehmen ließ.
Vaals, Eupen und Monschau entwickelten
sich zu international anerkannten Produktionszentren für Stoffe bester
Qualität. Ein Großteil der Bevölkerung dieser Orte arbeitete in den
Stoffproduktion, da das karge und raue Klima wenige Beschäftigung im Ackerbau
oder anderen Gewerben bot.
Die
Tuchmacher entwickelten neue Prozesse und Muster, welche den Tuchen aufgrund
der leuchtenden Farben einen Absatz weit über die Grenzen der Produktionsstäten
hinaus ermöglichte. Die Tuchproduktion hatte zu diesem Zeitpunkt einen
vorindustriellen Charakter angenommen.
Dies
änderte sich im 19. Jahrhundert grundlegend. Die neu erlangte Gewerbefreiheit
unter der französischen Verwaltung Aachens führte zu einem neuen Aufschwung der
Tuchindustrie
Aufgrund
einer Art Wirtschaftsspionage in England gelang es William Cockerill
nun auch auf dem Kontinent erstmalig mechanische Spinnmaschinen zu entwickeln.
Sie ersetzten die Arbeit Vieler, was auf große Proteste der Bevölkerung stieß.
Eine weitere Neuerung war die Einführung einer automatischen Scheer- und Aufrauhmaschine, welche die Arbeit der eher arroganten
Scheerer überflüssig machte. Zwischen 1802 und 1840 wurden weiter neue
Maschinen entwickelt und eingesetzt. Die Produktion war nun nur noch durch die
Antriebskraft Wasser begrenzt. Die Bäche, welche zum Antrieb der Maschinen
verwendet wurden führten im Sommer oftmals nicht genug Wasser, um die Räder
anzutreiben und die Fabriken standen so einige Zeit still. Abhilfe schaffte
hier die Dampfmaschine. Diese machte auch den Transport von Überseewolle per
Schiff und Zug schneller und vor allem auch billiger.
Hieraus
entstanden gleichzeitig neue Anforderungen an die Standorte von Tuchfabriken.
Sie mussten „verkehrsgünstig“ liegen. Die Tuchfabriken lagerten sich nun wieder
am Eifelrand Aachen und Verviers an, da hier die
Infrastruktur deutlich besser ausgebaut, was einen billigeren und schnelleren
Transport von Kohle und Wolle ermöglichte.
Gleichzeitig
stand nun die Massenproduktion von Tuchen im Vordergrund. Dies bereitete
besonders den alt eingesessenen Fabrikaten, welche sich auf hohe Qualität und
innovative Muster spezialisiert hatten, große Schwierigkeiten, sie kamen der
Massenproduktion nicht hinterher und schlossen nach und nach ihre Betriebe. Die
letzte Fabrik in Monschau schloss 1908. Da es nun
keine Fabriken in der Eifel mehr gab, war die Bevölkerung gezwungen nach
Aachen, Verviers oder Euskirchen abzuwandern oder zu
den neuen Fabriken zu pendeln. Die schnelle Entwicklung der Tuchproduktion ist
auch in der nun professionellen Ausbildung der Arbeiter erkennbar. In Aachen
eröffnete 1883 die "königliche Webschule" und die Fabriken in Verviers galten als Akademien der Wolltuchproduktion. Die
drei Orte Euskirchen, Aachen und Verviers hatten
jeweils verschiedene Schwerpunkte in der Art der produzierten Stoffe. So wurden
in Euskirchen überwiegend robuste Streichgarntuche, Loden und Uniform
produziert. In Aachen lag der Schwerpunkt auf leichtern Kammgarnstoffen. Verviers hatte einen florierenden Wollhandel und es wurde
viel Wolle gewaschen.
In der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlief die Produktion von Stoffen
endgültig industriell. Die Arbeiter woben nun nicht mehr in ihren Häuser, die
Heimarbeit wurde durch dampfgetriebene
Webmaschinen ersetzt und die Menschen konnten nicht mehr zuhause arbeiten.
So
erreichte die industrielle Fertigung von Tuchen Mitte der 19. Jahrhunderts bis
ca. 1914 (Ausbruch Erster Weltkriegs) ihren Höhepunkt.
Zu2:
Mehrere
Faktoren führten zum Untergang der Tuchindustrie in und um Aachen.
In den
Jahren zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg stagnierten der technische
Fortschritt, ebenso die konjunkturelle Lage der Betriebe. Ein weiteres Problem
war, dass Eupen nun hinter der Deutsch-Belgischen
Grenze lag und Deutschland die Einfuhrzölle anhob und die Waren nun deutlich
teurer verkauft werden mussten.
Der
Hauptgrund für den Untergang der Aachener Textilindustrie war allerdings, dass
die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
1956 die Grenzen für Importe aus ganz Europa öffnete. Dies machte der
Tuchindustrie in Aachen schwer zu schaffen. Vor allem die Tuchindustrie in Pato (Florenz) konnten aufgrund geringer Sozialkosten und
der billigen Reiswolle, als Rohmaterial, ihre Stoffe zu deutlich günstigeren
Preisen verkaufen. Außerdem waren diese Stoffe wegen ihrer modischen Muster
deutlich attraktiver für die Bevölkerung.
Zudem
war der klassische Wollstoff in der Nachkriegszeit und darüber hinaus unmodern
geworden. Die Bevölkerung verlangte nach neuen innovativen Stoffen wie Jeans
und anderen Stoffen, aus denen Sweatshirts, Regenjacken oder ähnliches gemacht
wurden. Sie brachten den klassischen Wollmantel, Sakko oder auch das Kostüm endgültig aus der Mode.
Die
großen Betriebe reagierten auf diese Veränderungen mit Investitionen in neue
Maschinenanlagen, auch die Tuchfabrik Becker in Aachen. Personal wurde
rationalisiert und der komplette Ablauf maschinisiert.
Kleine Betriebe konnten bei diesem Investitionsdruck nicht mithalten und
verloren ihre Wettbewerbsfähigkeit. Andere Betriebe riefen bei den Politikern
nach Importschranken und Zollerhöhungen. Dort trafen sie allerdings auf wenig
bis gar kein Verständnis, da die Integration Deutschlands in Europas
Wirtschaftssystem im Vordergrund stand.
Im
Verlauf der nächsten Jahrzehnte gerieten dann schlussendlich auch die größeren
Betriebe in Bedrängnis, da der technische Fortschritt immer weitere
Investitionen von den Eigentümern forderte und sie die noch neuwertigen
Maschinen an die Konkurrenz in den Niedriglohnländern
verkauften. Das machte es für die Aachener Industrie unmöglich die
Niedriglohn-Länder im Kampf um den niedrigsten Preis zu besiegen. Europa wurde
von der deutlich billigeren Ware überschwemmt und die Aachener hatten kaum noch
Absatzmöglichkeiten, dies hatte die Schließung nahezu aller Betriebe und den
Niedergang einer ganzen Industriezweiges in der Region zur Folge.
Allerdings
verlief der Untergang der Textilindustrie vergleichsweise ruhig und kaum
bemerkt, da die Schließung einer Fabrik lediglich hunderte und nicht tausende
Arbeiter betraf.
Zu3:
Auswirkungen
des Untergangs waren, dass zum einen ein Industriezweig wegbrach, der eine
Region über Generationen geprägt und ernährt hatte, zum anderen wurden viele
Menschen arbeitslos. Die Arbeitslosigkeit spielte allerdings keine allzu große
Rolle, da die Betriebe langsam und schleppend schlossen und nicht alle auf
einmal. Zudem waren wie erwähnt pro Schließung nicht tausende Arbeiter, wie in
Stahl- und Kohlewerken betroffen, es waren lediglich einige Hundert. Dies
verhinderte auch große Aufstände und einen allzu großen sozialen Missstand in
der Bevölkerung. Weiter waren die baulichen Überreste der Textilindustrie
einfach und kostengünstig zu verwalten. Sie konnten schnell und einfach
umfunktioniert werden, da sie optisch und baulich meist in einem sehr guten
Zustand waren.
Die
Betriebe, die ihr Überleben sicherten konnten, taten dies über eine extreme
Spezialisierung auf bestimmte Stofftypen und Fabrikate. „Die Firmen Iwan
Simonis in Verviers zum Beispiel auf Billardtuche,
die Firma Heimbach in Düren auf Gewebe für
Papiermaschinen oder die Firma Anker, ebenfalls in Düren, auf Teppichböden, die
für die spezifischen Anforderungen von Hotel, Kliniken und Flugzeuge herstellt
werden.“ (: http://www.industriemuseen-emr.de/industrialisierung/)
Heute
sind uns die historischen Bauten einer vergangenen Zeit geblieben, welche meist
in landschaftlich schönen Gebieten liegen und zum Teil auch besichtigt werden
können zum Beispiel das rote Haus in Monschau,
welches mit viel Liebe zum Detail in Stand gehalten wird und besichtigt werden
kann. Weiter hat eine Bürgergemeinschaft einige historische Maschinen
restauriert und wieder funktionstüchtig hergestellt, diese können ebenfalls
besichtig werden.
Quellen:
http://www.industriemuseen-emr.de/industrialisierung/
http://www.rotes-haus-monschau.lvr.de/
http://www.rheinische-industriekultur.de/objekte/aachen/Textil/textil.htm
http://www.denkmal-aktiv.de/veranstaltungen/materialien/lorsch_aachen.pdf